Mit dem Historiker Dr. Heinrich Schwendemann
23. März 2025
Gare de Strasbourg-Ville – Straßburg Hauptbahnhof | © WikimediaDer erste Eindruck von dem repräsentativen Hauptbahnhof ist für Besucher, so sie von einem orts- und geschichtskundigen Historiker wie Schwendemann begleitet werden, eine gute Einführung in die Geschichte Straßburgs. Der Vorgängerbau war im 1870er Krieg von den deutschen Truppen zerstört worden. Ein Schicksal, das er mit weiteren Bauten Straßburgs teilte und wie diese ebenfalls durch einen Neubau aus wilhelminischer Zeit ersetzt wurde.
Place Kléber - Statue zu Ehren von General Kléber | © Eva Opitz Vom nicht weit entfernten Place Kléber führt eine enge Altstadtstraße zu einem Platz namens Place du Temple Neuf, auf dem bis 1870 eine Kirche der Dominikaner mit einer berühmten Bibliothek stand. Beide Gebäude wurden im Krieg zerstört, aber größer und moderner von deutschen Architekten wieder aufgebaut. „Die Bibliothek galt als die modernste im deutschen Reich“, so Schwendemann. Die Motivation der Sieger? „Sie wollten sich gegenüber den Besiegten großzügig zeigen, das Elsass für sich gewinnen, was aber nachweislich nicht gelungen ist.“ Nachdem der von Vauban im 17. Jahrhundert geba
Dominikanergasse: Blick auf den Temple neuf © Eva Opitz ute Festungsring gesprengt worden war und die von deutschen Bauherren auf diesem Boden erbaute Neustadt fertig war, verdreifachte sich die Fläche der Stadt.
Eine Prachtallee dieser wilhelminischen Erweiterung verbindet die eindrucksvollen Bauten der Universität mit dem ehemaligen Kaiserpalast, heute Palais du Rhin, auf dem Place de la République. Der preußische Adler über der Eingangspforte ist als deutliches Statement zu verstehen, wer das Sagen hatte. Der Platz der Republik wird gesäumt von monumentalen Bauten des deutschen Reiches, zumeist ehemaligen Verwaltungsgebäuden. Ein Reiterstandbild von
Monument Aux Morts - Kriegerdenkmal | © Eva Opitz Wilhelm I. mitten im Park wich nach dem ersten Weltkrieg einem Kriegerdenkmal mit der Aufschrift „A Nos Morts“, das die „Mutter Elsass“ jeweils mit einem toten deutschen und französischen Sohn zeigt.
Insgesamt, so berichtete Schwendemann, erging es Denkmälern mit Skulpturen im Gegensatz zu den Prachtbauten schlecht. Je nachdem, ob Deutschland oder Frankreich in der Position der Stärke war, wurden sie abgetragen und nach dem Regierungswechsel jedoch wieder aufgebaut. Nach der deutschen Besetzung 1940 wurden einige der Denkmäler dann wiederum Opfer der Nationalsozialisten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sie ebenfalls zügig wieder aufgestellt. Robert Wagner, Gauleiter und Chef der nationalsozialistischen Zivilverwaltung im Elsass war mit verantwortlich für Massendeportationen von Juden sowie für die totale Germanisierung der ihm unterstellten Gebiete.
Auf dem Rückweg, vorbei an der Synagoge und dem Dom, mit einem kurzen Blick auf seinen älteren romanischen Teil, fiel das Palais Rohan mit seiner bedeutenden Gemäldesammlung auf. Bei der Gruppe festigte sich zunehmend der Gedanke, dass Straßburg immer einen Besuch wert sein würde.